

Wir leben in einer spannenden Zeit. Einerseits passiert gerade viel, beim Menschen selber, in seiner Entwicklung, an seiner Arbeit und in seinem Privatleben. Andererseits werden die Lebens-und Arbeitsformen sehr anspruchsvoll. Sie fordern dir oft viel ab. Und es kann sein, dass es dir manchmal gnüegelet. Wir treiben uns selber an oder werden getrieben. Und es ist unser Bestreben, das Beste zu geben, unser Bestes, das wir leisten können. So ist es nicht verwunderlich, dass wir manchmal an unsere Grenzen kommen.
Sobald diese Grenze in Sicht ist oder eben vage gespürt wird, stellt sich ein Gefühl der Ohnmacht oder ein Gefühl der Überforderung ein. Und dann kommen wir manchmal in Teufels Küche. Druck, Unverständnis, Zweifel, Ängste brauen sich zusammen und ergeben einen ungeniessbaren Cocktail.
Was ich hier so beschreibe, ist ein Szenario, dass wir alle hie und da erleben. Aber das Leben hat auch andere Seiten parat. Die Frage ist nur, sind wir offen dafür. Gerne male ich dir mal ein Bild, wie es anders sein könnte. Seit vielen Jahren begleitet mich ein Autor mit seinen Büchern, die mich tief berühren. Es ist die Rede von Mihaly Csikzentmihalyi, einem Psychologen, der den Menschen auf die Finger schaut. Während vielen Jahrzehnten hat er geforscht, was einen Menschen glücklich macht, was ihn erfolgreich macht, was es braucht, damit es so bleibt.
Das Grundlegende in seiner Forschung bildet der “Flow”. Flow stellt sich dann ein, wenn du so im Einklang mit dir selber bist, dass die Zeit gefühlt still steht. Es stellt sich ein Zustand von „Entrücktsein vom aktuellen Tagesgeschehen“, „das völlige Aufgehen in der momentanen Tätigkeit“ oder „das Verweilen in einem Zustand des glücklichen Unendlichkeitsgefühls“. Dieses Flowgefühl ist der stärkste innere Motivator, den wir kennen, nach dem wir uns immer wieder sehnen. Es ist ein Zustand, den wir als Kind beim unbeschwerten Spielen erlebt haben.
Wir erleben diesen Flow beim Sport, bei der Arbeit, im Hobby, sofern die Bedingungen stimmen – ein Bergsteiger in der Eigernordwand, ein Chirurg beim Operieren, ein Bäcker beim Wegglibacken, Feuerwehrmänner im Einsatz, eine Programmiererin beim Schreiben eines kniffligen Computercodes oder eine Nonna beim Lismen am Kaminfeuer. Ich habe Verkäufer kennen gelernt, die in einem Verkaufsgespräch beim Kunden in Flow kommen, oder Gartengestalter, die gerade beim Bauen einer Trockenmauer sind.
Das Erreichen des Flows ist an keine bestimmte Tätigkeit gebunden. Der Flowzustand kann einzeln, aber auch gemeinsam in einer Gruppe erlebt werden. Flow ist ein Zustand und keine Technik.
Für das Erleben des Flowzustands müssen externe Störelemente, die ablenken, ausgeschaltet sein.
Flow erreichen
Solange wir dieses Flow-Gefühl erleben, sind wir mühelos unterwegs, haben Spass und Freude. Für die meisten Menschen ist Flow ein wesentlich stärkerer Motivator als finanzielle Anreize! Die Frage ist nur: was braucht es, dass sich Flow einstellt?
Um in den Zustand des Flow zu gelangen, musst du dich einer Tätigkeit voll hingeben. Es braucht die volle Konzentration, ohne Ablenkung. Die Konzentration darf jedoch nicht so hoch sein, dass man überfordert ist, denn dann ist die „Mühelosigkeit“ nicht mehr gegeben.
Flow kann nur in totaler Selbstbestimmung entstehen. Das bedeutet, die Erwartung eines Erfolgs der Handlung loszulassen und frei zu sein von Sorge und Angst um sich selbst oder das eigene Ansehen. Eine Person, die nun weiß, „was“ und „wie“ sie etwas zu tun hat und deren Fähigkeiten den Anforderungen der Tätigkeit gerecht werden, kann sich ganz auf das Ausführen der Tätigkeit einlassen, also in der Tätigkeit aufgehen. Die Aufmerksamkeit kommt ganz dem Lösen der Aufgabe zugute. Die Person ist nicht mehr abgelenkt durch Gedanken wie „was denken die anderen über mich?“, „wie komme ich an, wenn ich dieses oder jenes mache?“, sondern hat die Chance, sich voll auf die Aufgabenbewältigung zu konzentrieren, ein Tun zu entfalten, in dem eine hohe Übereinstimmung äußerer Anforderungen und innerer Wünsche und Ziele besteht.
Das Flow-Erleben „verflüchtigt“ sich, wenn die eigene Kontrolle über das Geschehen verloren geht oder verloren zu gehen droht: Der Akteur fällt aus dem glückhaften Flow.
Kontrolle von aussen killt den Flow augenblicklich. Das bedeutet, dass Führungskräfte die Performance ihrer Mitarbeiter nachhaltig stören, wenn sie dem Mitarbeiter durch rigorose Vorgaben und Kontrollen eine bessere Leistung abringen wollen. Diese Haltung ist ein Trugschluss und vernichtet die Performance.
Die neuste Gallupstudie zeigt auf, dass min. 8 von 10 Mitarbeitenden sich mit ihrem Arbeitgeber und ihrer Aufgabe nicht wirklich identifizieren können! Sie arbeiten also auf Standby. Im Zeitverlauf der letzten 17 Jahre hat sich daran jeweils nur wenig geändert. Letzte Woche lese ich in der Tagespresse, dass jeder vierte Bewerber sich aus der Bewerbung zurückzieht, sobald er im Bewerbungsprozess auf den Chef trifft. Diese Beispiele zeigen: es braucht eine neue Führungskultur – Inspirational Leadership.
In diesem Sinne ist Flow etwas,
- das einen Mitarbeiter über sich hinaus wachsen lässt,
- das einem Unternehmen Schub gibt,
- das die Fluktuation reduziert,
- das die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit massiv stärkt.
Leider verstehen es die wenigsten Unternehmer und Führungskräfte, sinnvoll damit umzugehen und dies für den Erfolg und die Wertschöpfung nutzbar zu machen. Es gibt immer noch viele Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter auf Erfolg bürsten – und nicht erkennen, wie kontraproduktiv dieses Führungsverhalten für eine nachhaltige Performance ist.
Voraussetzungen für Flow
Damit sich Flow einstellen kann, braucht es, wie oben schon angemerkt, ein hohes Mass an Selbstbestimmung. Zusätzlich ist es nach den Erkenntnissen von Mihaly Csikzentmihalyi wichtig, dass die aktuelle Herausforderung einer Aufgabe zu den Skills der Person passt. Ist die Herausforderung (Challenge) zu hoch, so gerät der Mensch in die Überforderung und damit in eine Blockade. In diesem Zustand ist Lernen nicht mehr möglich. Auf der anderen Seite kann es sein, dass die Skills weit höher sind als die aktuelle Herausforderung. Hier stellt sich dann Langeweile ein.
Sowohl Überforderung wie auch Unterforderung hemmen den Flow und zerstören die innere Motivation des Menschen. Es ist ein wichtige Aufgabe in der Führung von Mitarbeitern, diesem Umstand Sorge zu tragen. Überforderung auf Dauer produziert Stress, psychische und körperliche Reaktionen sowie schlussendlich auch Depressionen und Burnout.
In meinen Coaching-Gesprächen der letzten Monate kann ich feststellen, dass heutzutage dem Aufbau von Skills zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Zeitalter von Shareholder-Value und dem stetigen Kampf um mehr EBIT geht die Entwicklung von Mitarbeitern unter. Und dann braucht es gar nicht so viel, um sie in die Überforderung zu katapultieren. Diese Woche habe ich einen Fall erlebt, da war dies sehr gut feststellbar: ein Mitbewerber zeigt sich neuerdings recht aggressiv im Markt. Mit dem hat gerade niemand gerechnet. Eine ganze Crew von Verkäufern ist aktuell am Hypern. Sie waren auf sowas nicht gefasst.
Oder: die Preise müssen gesenkt werden, weil sie zu hoch sind. Das hat Folgen für den Umsatz des Unternehmens. Oder: Ein Kollege ist unerwartet ausgefallen, Burn Out oder sowas wird vermutet. So müssen seine Kollegen einspringen und seine Arbeit zusätzlich erledigen.
Oft passiert es, dass eine Überforderung total unerwartet hereinbricht und die Menschen ziemlich ratlos dastehen lässt. Makaber wird es dann, wenn ich sehe, wie eine Führungskraft aktuell in der Überforderung feststeckt und dabei einige seiner Mitarbeiter ebenfalls in die Überforderung reisst, quasi ein Dealer für Überforderung. Solche Beobachtungen sind an der Tagesordnung und können aktuell auch in der Tagespresse verfolgt werden.
Mangelnder Flow lässt die Mitarbeiter auf Standby wechseln. Führungstechnisch keine Meisterleistung!
Eine gute Teamleistung braucht Momente von Flow
In diesem Sinn ist es hilfreich, sich mit dem Thema Flow zu befassen, sobald eine Führungskraft
- selber merkt, dass sie gerade überfordert ist – das kann jedem Menschen früher oder später mal passieren.
- einen neuen Mitarbeiter oder eine neue Mitarbeiterin einzuarbeiten hat – in der Einarbeitungszeit entstehen die grössten persönlichen Herausforderungen.
- einen Quantensprung in der Performance anstrebt.
- eine Situation bemerkt, an der ein Mitarbeiter an seine Grenzen kommt oder überfordert ist.
- möchte, dass die anspruchsvolle Teamleistung leichtfüssig erreicht wird.
Wenn du einen Sparringpartner für mehr Flow am Arbeitsplatz suchst, melde dich. Ich begleite dich gerne!
Herzlich
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Lieber Fenando
Genau so ist es, wenn ich im Flow bin kann ich Berge versetzen. Vielen Dank für deine Anregungen. Gerne lasse ich mich immer wieder von deinen Gedanken inspirieren. Ich wünsche dir und Verena alles Gute und ……… bis ein Andermal. Herzliche Grüsse aus Subingen, Oscar