

Weisst du noch, wie es sich anfühlt, wenn du einen elektrischen Draht berührst, der seine Isolation verloren hat. Ein Stromschlag fitzt durch deinen Körper. In der Regel ziehen wir sofort die Hand zurück, wenn das noch geht. Wenns nicht mehr geht, umklammern die Finger den Draht und es feuert durch den ganzen Körper. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Stress. Nur sind wir darauf getrimmt, dass wir den Stromstoss mit der Zeit nicht mehr klar wahrnehmen und adäquat darauf reagieren.
Dauerstress ist im heutigen Alltag einfach ganz normal geworden. Wir haben uns damit abgefunden, dass er da ist. Wir nehmen in Kauf, dass das so sein muss. Ein Irrglaube. Dauerstress belastet unsere Gesundheit, unseren Körper sowie unsere Psyche. Alt und Jung sind dem ausgesetzt, Männlein und Weiblein. Bereits junge Menschen sind auf diesem Trip, getrieben vom Papagei, der ihnen im Nacken hockt und dauernd gescheite Dinge plappert. So werden sie darauf getrimmt, ihre Emotionen sowie ihre körperlichen Bedürfnisse zu ignorieren, zu verdrängen und abzuspalten. Die Entwicklung nimmt ihren Lauf. Irgendwann, später im Leben merken wir, dass wir heiss laufen, ausbrennen.
Ich weiss, wovon ich rede. Als selbständiger Coach war ich viel unterwegs, bei Kunden. Zum Teil verbrachte ich jahrelang meine gesamte Zeit in einem einzigen Unternehmen. Und ich merkte, wie sich langsam etwas einschlich, das mich nicht mehr los liess. Ich brauchte einige Zeit, bis ich selber realisierte, was mich müde machte, was mir den Schlaf raubte, was mir meine Erholung verunmöglichte. Sogar meine Träume begannen stressvoll zu sein – im Bestreben den Stress des Alltags irgendwie zu verarbeiten.
So mit 40 Jahren rasselte ich in einen Burnout, von dem ich mich langsam, sehr langsam erholte. Rückblickend kann ich sagen: Es war eine äusserst lehrreiche Zeit.
Was in unserem Körper passiert
Dauerstress vergiftet unseren Körper, peux à peux. Am Anfang haben wir das Gefühl, das müsse so sein. Wir meinen, dass wir damit wichtig sind. Es gehört zum guten Ton, viel um die Ohren zu haben. Es macht uns “lebendig”, dreht uns auf, macht uns wichtig. Irgendwie wollen wir ja nicht als Warmduscher, Dünnbrettbohrer oder gar als Lahmarsch abgetan werden. Und so beginnt der Teufelskreis, der sich immer stärkere ausbildet. Allzuoft starten wir wie ein ICE und rattern mit Hochgeschwindigkeit durch den Tag, bis wir abends erschöpft ankommen und aussteigen. Dann läuft aber nicht mehr viel. Die Luft ist draussen.
Es versteht sich von selbst, dass damit die Beziehung zu sich selbst auf der Strecke bleibt – aber auch die Beziehung zum Partner, der Partnerin, der Familie, den Freunden. Langsam schleicht sich auch ein komischer Schlafrhythmus ein. Das Wochenende ist nicht mehr da, um etwas zu unternehmen. Hang loose und ausspannen. Sonst sind wir am Montag nicht mehr fit für die Arbeit. Dauerstress schädigt das Nervenkostüm. Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verspannungen, Gereiztheit, Konzentrationsstörungen, Verdauungs- und Hautprobleme sind häufig anzutreffende Stresssymptome. Manchmal höre ich auch: ich brauche einfach eine gewisse Menge Stress, sonst komme ich nicht auf Touren, sonst übermannt mich der innere Schweinehund. Kein Bock auf nichts mehr. Der Kaffeekonsum steigt und steigt. Damit können wir uns einigermassen über Wasser halten. Oft müssen stärkere Drogen her, damit wir es noch schaffen. All das gehört zum Alltag wie der Gang zum Coiffeur. Es wird normal. Wir gewöhnen uns an den Zustand und merken kaum, wie wir abstumpfen und heiss laufen. Nur noch bis zum nächsten Urlaub durchhalten!
Male ich hier den Teufel an die Wand? Sei ehrlich! Leider ist dieses Thema inzwischen allgegenwärtig, wird aber selten als Problem erkannt und thematisiert. Ja nicht als Weichei gelten. “En herte Siech” sein. Oder eine Powerwoman. Es einfach durchziehen. Und irgendwann bekomme ich einen ein Anruf aus einer Klinik oder treffe dich mit einem Reissverschluss quer über die Brust an… Alles schon x-mal erlebt!
Stress reduzieren – praktische Hinweise
Nachfolgend liste ich dir ein paar wirksame Impulse auf. Sie helfen dem Dauerstress zu begegnen. Betrachte sie als inspirierende Anregungen und befasse dich eingehend mit jenen, die dich ansprechen. Sie sind nicht abschliessend oder komplett erläutert, es gibt schon noch mehr Einflüsse. Mehr dazu in einem persönlichen Coaching.
Allen Hinweisen gemeinsam ist folgende Aussage:
Stress hat man nicht einfach so.
Stress entsteht durch die Art, wie du auf Dinge reagierst.
Grundsätzlich heisst das, dass der Mensch sich seinen Stress selber macht. Diese Aussage ist vielleicht wie eine Ohrwatsche. So einfach kann man es sich nicht machen! Oder?
Natürlich wird Stress ausgelöst durch die Ausseneinflüsse aus dem Umfeld. Das bedeutet aber nicht, dass sie die Ursache sind. Stress entwickelt sich jedoch aus der Art, wie du innerlich auf diese Herausforderungen reagierst. Und da kannst du relativ viel machen, um diesen zu begegnen, so dass die Isolation nicht beschädigt wird.
Einmal mehr siehst du, du kannst das Leben nach deinem Gusto modellieren. Was dir zu schaffen macht, kannst du verändern. Nachhaltig und definitiv. So erreichst du einen höheren Level an Lebensqualität. Gelebtes LifeDesign.
Impuls 1 – Stressfaktoren identifizieren
Nimm dir mal Zeit, deine Arbeitstage und Arbeitswochen sowie dein Freizeitverhalten sowie dein Privatleben zu durchforsten. Schau mal, wo gibt es Momente, die dich in Stress bringen.
Versuche zu verstehen:
- Wann treten diese Momente auf?
- Was ist der Auslöser?
- Was macht das mit dir?
Vielleicht erkennst du generelle Muster. Oder du kannst die Stressoren so klar erkennen, dass es dir gelingt, den Draht besser zu isolieren. Du kannst dich darauf konzentrieren, zu entdecken, wie du dich weniger stark stressen lässt. Kleine Fortschritte mit grosser Wirkung.
Impuls 2 – Viele Pfannen und nur vier Herdplatten
Oft habe ich Menschen im Coaching, die erkennen, dass sie sich zu viel vornehmen. Du kannst nicht die Welt retten. Du kannst nicht rund um die Uhr für alle anderen da sein und selber auf der Strecke bleiben. Du kannst nicht alles gleich perfekt machen. Du kannst nicht allen Herren dienen. Irgendwo gibt es Grenzen.
In einem Bild gesprochen: wenn du vier Herdplatten hast, kannst du nicht mit einem Dutzend Pfannen gleichzeitig kochen. Das ist unmöglich. Und es schreit nach Refokussierung. Und diese Refokussierung muss man manchmal täglich vornehmen. Vielleicht bist du dann wirklich mit dir zufrieden, wenn du nur mal konsequent “Eintopfgerichte kochst”. Probiers aus – siehe auch nächster Impuls.
Werde dir bewusst:
- Was ist dir aus tiefem Herzen heraus wichtig?
- Was möchtest du auf keinen Fall missen?
- Wo hast du Sachzwänge, die dir den Takt vorgeben?
- Wo hast du Grenzen, die du nicht überschreiten willst.
Diese Fragen gilt es ehrlich zu beantworten. Täusche dich nicht – es gibt schon genug Fakes in unserem Alttag. Bedingungslos hinschauen, erkennen und mit sich ehrlich sein!
Impuls 3 – Multitasking erkennen – Ablenker aufdecken
In der heutigen Zeit muss oft alles schnell gehen. Muss das nur noch schnell fertig machen. Noch hurtig in die Stadt gehen. Noch kurz einkaufen. Noch schnell ein paar Telefone erledigen, dann bin ich fertig. Zum Kochen läuft der Fernseher, das Handy am Ohr, die Kelle in der Hand und an der Haustür klingelts gerade. No problem, wir können das alles mit links machen – ich weiss nicht, was ihr habt. Ja man kann sich viel gleichzeitig vornehmen. Aber es kann nicht so sorgfältig gemacht werden, wie du es möchtest oder wie es getan werden müsste. Wir haben uns daran gewöhnt. Hauptsache es ist weg vom Tisch. Aber: der Mensch ist nicht gebaut für das Multitasking!
Gehe mal in dich, an einem ruhigen Ort, wo du nicht gestört wirst, wo du dich wohl fühlst. Und scan mal deinen Alltag durch:
- Wo ertappst du dich, dass du vieles gleichzeitig machst?
- Wo fühlst du dich arg getrieben?
- Wo wirst du immer wieder abgelenkt, wenn du dich doch konzentrieren solltest?
- Was sind deine häufigsten Störer?
Lass dich inspirieren, was du da anders machen könntest. Wenn du eine Auslegeordnung vor dir hast, wird dir dein Unterbewusstsein Impulse hochgörpsen, die dir helfen können. Und achte darauf, diese Ideen kommen nicht von vorne, sondern von hinten in deinem Kopf, ganz leise und fein. Sie sind jedoch äusserst wertvoll. Wenn es laut um dich ist, wirst du das nicht hören. Schade.
Impuls 4 – Schlafbedürfnis erkennen und gut pflegen
Sobald du in einem Alter bist, wo du am Morgen im Spiegel deine ersten grauen Haare entdeckst, wirst du auch merken, wie wichtig der Schlaf eigentlich ist. Im Schlaf erneuern sich die Zellen in deinem Körper. Unnötiges wird bereit gemacht zum Ausscheiden. Deine Zellen werden wieder mit Energie versorgt. So kannst du am Morgen aufwachen und voller Kraft und Tatendrang wieder an dein Tagewerk gehen. Ein gesunder Schlaf ist lebenswichtig – überlebenswichtig! Wenn du am Morgen regelmässig einen Wecker brauchst, dann ist das ein Zeichen, dass du deinem Körper zu wenig Schlaf gönnst.
Ein paar Hinweise um zu neuen Ideen zu kommen?
- Wie wichtig ist dir Schlaf?
- Was machst du um einen gesunden Schlaf zu ermöglichen?
- Was hindert dich, einen gesunden Schlaf zu haben?
- Gibt es etwas, was du an deiner Schlafarchitektur verbessert haben möchtest?
Auch hier hilft es mit kleinen Schritten eine Verbesserung zu erreichen, die deine Schlafqualität nachhaltig erhöht.
Impuls 5 – Sabbatical
Manchmal brauchst du im Leben einen Abstand zum Alltag. Viele Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeiter ein Sabbatical. Eine Auszeit. Diese Auszeiten sind etwas köstliches. Sie helfen deinem Kopf mal leer zu werden, Sachen zu ordnen und auf neue Idee zu kommen.
Allerdings gilt es ein Sabbatical gut zu planen. Dann entfaltet es auch seinen Wert und du kommst auf neue Ideen. Vor einiger Zeit habe ich einen Blog speziell zu Sabbaticals geschrieben. Magst mal lesen?
Impuls 6 – Mikropausen
Vor dem Kaffee mache folgendes – 5 Minuten genügen:
- bewege dich, mach eine kleine Runde im oder ums Haus, recke und strecke dich
- wenn möglich an die frische Luft, mindestens an ein offenes Fenster
- Atme ein paar Mal tief ein, so dass sich deine Lungenflügel gut füllen, bis in ihre Spitzen – – Sauerstoff ist deine wichtigste Nahrung, noch vor Wasser!
- trinke ein wenig Wasser – bei uns Hahnenwasser und spüre, was dies in deinem Körper macht, wenn es die Speiseröhre herunterrieselt
- spüre deinen Körper, allfällige Verspannungen, nimm wahr, wo es klemmt, drückt und atme in diese Körperstellen
Impuls 7 – Tages- und Wochenrhythmus einbauen
Aus meiner Erfahrung lässt sich etwa 20% des Stresses vermeiden, wenn du konsequent einen Tages- oder Wochenplan machst und danach lebst. Ich höre immer wieder, das ist doch heute nicht möglich, wenn alles so turbulent und ungeplant läuft. Das ist jedoch eine fatale Fehlmeinung. Ich kann dir hier persönlich auf die Sprünge helfen, wenn du magst!
Es lohnt sich, sein eigenes Stressverhalten mal unter die Lupe zu nehmen. Du kannst dir damit viel Lebensqualität ermöglichen. Das wäre wirklich ein grosser Entwicklungsschritt für dich. Ich weiss, es ist nicht so einfach, mutterseelen alleine diesem Phänomen nachzugehen, sich zu reflektieren. Du weisst, wo du Hilfe holen kannst!
Wenn du einen Sparringpartner für dein Stress-Vorhaben suchst, melde dich. Ich begleite dich gerne!
Herzlich