Es ist, wie es ist – jeder Mensch ist auf seine Art ein Unikat
In meiner Arbeit als Coach habe ich mich immer wieder gefragt, warum die einen Menschen ihr Ding machen und durchziehen und andere aufgeben, ihre Sache nicht auf die Reihe bringen. Auch wenn sie ähnliche Voraussetzungen mit sich bringen. Ich habe dabei hunderte und aberhunderte Verkäufer sowie Führungskräfte begleitet. In der Regel waren es junge Menschen, die voll im Saft standen. Die Welt stand ihnen offen. Sie hatten grosse Hoffnungen – und viele wurden bitter enttäuscht.
Über die Zeit wurde mir langsam klar, dass es beim Menschen einen Regler gibt, der bestimmt, wie er sein Leben anpackt und was daraus wird. Dieser Regler ist was ganz magisches, weil er weitreichende Wirkung erzielt.
Sobald wir uns in unserer Welt bewegen, kommen wir mit Menschen zusammen. Wir treffen alte Bekannte. Und wir finden immer wieder neue Menschen, mit denen wir es zu tun haben. Sei es im Privaten, sei es in der Arbeit mit Kollegen, Kunden oder Lieferanten.
Es gibt Begegnungen, die zeigen sich als Bereicherung. Und es gibt Begegnungen, die sind eher Strapazen. In meiner Arbeit als Coach treffe ich natürlich unzählige solcher Menschen beider Schattierungen. Unterwegs. Beim Kunden. Menschen die zu mir ins Coaching kommen.
Da treffe ich eines Tages auf eine junge, dynamische Frau, nennen wir sie Fabienne. Gut ausgebildet. Sie “trägt” einen Doktortitel, den sie immer wieder geschickt in Szene setzt. Ja, sie weiss viel – ist voll von angelerntem Kopfwissen. Das kann sie jedoch nicht wirksam einsetzen. Seit kurzem hat sie eine Führungsposition inne, die nicht ganz ihrem Erfahrungsschatz entspricht. Sie tut sich nicht leicht damit. Von aussen sieht es manchmal wie eine Überforderung aus. Die ihr unterstellten Menschen fühlen sich von ihr unverstanden. Sie schalten sehr schnell auf Standby und machen Dienst nach Vorschrift. Bei Änderungen oder Neuerungen werden sie nicht ins Boot geholt. Neues wird ihnen einfach aufs Auge gedrückt. Fabnienne will es vor allem der Geschäftsleitung recht machen. Sie hat ja schliesslich noch ein paar Stufen auf der Karriereleiter vor sich. Und braucht folglich genug “Management Attention”.
Die Begegnungen mit Fabienne sind sehr stereotyp. Sie weiss, was sie will. Und sagt das auch. Da sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einbezieht, kann sie nicht auf deren Erfahrung zurückgreifen. Mehr und mehr wird sie zum Lonely Player, zur Einzelkämpferin. Kritik oder Anregungen werden von ihr zwar freundlich angehört – diese sickern jedoch nicht ein. Sie mauert und schützt sich nach aussen. Es ist praktisch unmöglich ihr Verhalten zu reflektieren oder ihr hilfreiches Feedback zu geben. So isoliert sie sich zusehends. Wenn Sie zum Mittagessen in die Kantine geht, versuchen ihre Mitarbeiter ihr aus dem Weg zu gehen. Bereits verlassen die ersten Menschen das Unternehmen oder wollen die Abteilung wechseln. Migrationstendenzen.
Sitzungen mit Fabienne sind inzwischen zu einem Anlass geworden, den man über sich ergehen lässt. Inzwischen sind sie auch stark geprägt von Bashing. Teilnehmer werden blossgestellt, kleingemacht, ignoriert. Von aussen betrachtet kann man sagen, dass mit so einem Verhalten “Substanz” vernichtet wird – und niemand merkt das, ausser die direkt Betroffenen selber. In der Vergangenheit wurde vieles aufgebaut, hat sich bewährt oder wurde verworfen, verbessert und eingeschliffen. All das geht nun verloren, wie in einem riesigen schwarzen Loch. Und wird ersetzt durch gutaussehenden, wohlriechenden “Bullshit”.
Auf der anderen Seite gibt es eine Frau, die ihren Job liebt und darin regelrecht aufgeht, mit ganzem Herzen bei der Sache. Nennen wir sie Fiorina. Sie kann sich nicht vorstellen, mal was anderes zu machen. Und sie wird geliebt von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Oft kommt es zu sehr persönlichen Gesprächen, bei denen auch private Themen aufgetischt werden. Den Mitarbeitern tut sie gut. Die Fluktuation ist auf einem tiefen Niveau. Regelmässig treffen sie sich zu Austauschen über ihre Arbeit, die Qualität, was man verbessern könnte. Mitarbeiter denken mit, bringen sich ein. Ihre Meinung ist jederzeit willkommen. Gemeinsam bewegen sie viel. So kann Arbeit auch sein. Und die wird geschätzt, sowohl von der Geschäftsleitung wie auch von Kunden.
Was den Unterschied ausmacht…
Von aussen betrachtet sind Fabienne und Fiorina total unterschiedliche Persönlichkeiten. Jede hat ihre ganz eigenen Talente und Fähigkeiten, die sie in die Arbeit einbringen. Und doch ist die Wirkung frappant verschieden, unterschiedlicher könnte sie nicht sein.
Ob eine Begegnung sich als Bereicherung zeigt oder eben nicht, hängt meist an einem zentralen Persönlichkeitsmerkmal – dem Selbstwert. Die Zusammenarbeit zwischen Menschen im Alltag wird massgeblich durch diesen Selbstwert bestimmt.
Es ist überraschend, wie viele Menschen durchs Leben gehen, ohne jemals zu erkennen, dass ihre Gefühle gegenüber anderen Menschen weitgehend durch ihre Gefühle für sich selbst bestimmt sind, und wenn Sie sich selbst nicht wohl fühlen, können Sie sich auch nicht mit anderen wohl fühlen.
(Sidney J. Harris)
Gemäss meinen Beobachtungen kann ich sagen, dass es verschiedene Ausprägungen von Selbstwert gibt: dem gesunden Selbstwert und dem angeschlagenen Selbstwert. Spannend ist hier nun zu sehen, wie sie sich im Alltag zeigen.
Gesunder Selbstwert
Netzwerke funktionieren praktisch nur dann sinnvoll und auf Dauer, wenn die Mitglieder eines Netzwerkes über einen gesunden Selbstwert verfügen. Netzwerke bilden sich innerhalb eines Unternehmens, über Unternehmensgrenzen hinweg -in sehr vielfältigen Rollen – Spezialisten, Generalisten, Kunden, Lieferanten, Zulieferer, Influencer, Wegbereiter, Innovatoren, usw.
In der heutigen Zeit sprechen wir immer mehr von agilen Strukturen, welche ja eine spezielle Form von Netzwerken sind. In diesem Sinne muss ich festhalten: dem gesunden Selbstwert wird in der nächsten Zukunft eine starke Bedeutung zufallen. Wenn dieser bei einem Menschen nicht sinnvoll entwickelt ist, wird er zukünftig den Anforderungen des Alltags nicht genügen können.
Wenn es wie bei Fabienne um einen angeschlagenen Selbstwert geht, so reagieren solche Menschen mit einem übersteigerten, ich-bezogenen Getue, das schnell mal als narzisstisch belegt wird. Heutige hierarchische Strukturen unterstützen oft das Verhalten von Menschen mit einem angeschlagenen Selbstwert, erweisen sich meist als immun gegenüber solchen Mitarbeitern. So kann sich das Verhalten selber nähren und überdauert so viele Zyklen.
Ein gesunder Selbstwert
Menschen mit einem gesunden Selbstwert begegnen einander auf der gleichen Augenhöhe. Sie hören einander zu, versuchen zu verstehen, geben hilfreiche Rückmeldungen. Sie sehen sich als Teil des Ganzen und nicht als Nabel der Welt. Sie schätzen Kritik und Feedback als hilfreich.
Je besser du dich selbst fühlst, desto weniger fühlst du das Bedürfnis, anzugeben.
(Robert Hand)
Wer ihnen begegnet, spürt ihre innere Ruhe, die sie ausstrahlen. Sie müssen niemandem etwas beweisen. Sie sind einfach, so wie sie sind. Und sie wissen, was sie können und was nicht. In diesem Sinne fühlt man sich in ihrem Umfeld wohl, angenommen, mit entsprechender Wertschätzung und Akzeptanz. Ein gesunder Selbstwert braucht nicht dauernd den Applaus aus dem Umfeld, um sich gut zu fühlen.
Stell dir vor, wie es ist, eine solche Führungskraft zu haben! Da kannst du aufblühen, dein Bestes geben. Du bist nicht dauernd damit beschäftigt, es anderen recht zu machen. Oder wenn du einen Verkäufer oder einen Lieferanten empfängst, der ein gesundes Selbstwertgefühl besitzt. Er muss dir nichts “andrehen”. Er muss in dir kein Bedürfnis für etwas wecken, das du gar nicht brauchst. Da wird ein Gespräch zu einem gehaltvollen Erlebnis, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Eine Form von Wertschöpfung.
Anmerkung: Unter Führungskraft subsummiere ich alle Rollen, die in irgendeiner Art Führen: Business Coach, Scrum Master, Abteilungsleiter, Teamleiter, Projektleiter, Verkaufsleiter, Account Manager, Verkäufer, Start Ups und Firmengründer, Productmanager, Kundenbetreuer, Nachwuchsführungskräfte oder deren Stellvertreter.
Ein angeschlagener Selbstwert
Viele Menschen leben mit einem angeschlagenen Selbstwert. Wenn das nicht so wäre, so würde unsere heutige Welt anders aussehen, weniger Stress, Druck, Zwänge, Kämpfe und mehr Verständnis füreinander und für die Natur.
Geringer Selbstwert: Bei manchen Menschen ist der Selbstwert gering. Sie trauen sich nicht soviel zu und brauchen viel Zuspruch. Oft sind sie dann Opfer von Mobbings, werden bei Lohnerhöhungen oder Beförderungen übergangen. Es sind eher stille Schaffer, die keinen Lärm machen.
Übersteigerter Selbstwert: Es gibt noch die andere Form des angeschlagenen Selbstwerts. Gewisse Menschen drehen dann auf, müssen den Mangel an Selbstwert kaschieren. Es darf ja nicht auffallen, dass da was fehlt. Meist ist ihnen das nicht bewusst. Sie wollen damit grösser scheinen, als sie effektiv sind.
Diese Menschen haben eine “grosse Röhre”, sie zeigen sich von ihrer besten Seite, laut und ich-betont. Sie sagen wo’s lang geht. Sie tolerieren wenig Widerrede. Sie sehen sich gerne auf der Bühne und im Rampenlicht. Aber sag ihnen ja nicht, dass sie Blender sind, oder zuwenig von der Sache verstehen. Lege dich nicht mit ihnen an, du wirst immer zweiter machen. Ihr Leben ähnelt einem dauernden Kampf im Haifischbecken. Sie sind ständig mit Gott und der Welt im Wettbewerb und meinen, dass das mit allen Menschen so ist. Viel Bewusstheit für ihre innere Not ist nicht vorhanden. Das grösste Hemmnis ist ihre grosse Unfähigkeit aus ihren Taten zu lernen, weil sie davon ausgehen, dass es eh perfekt ist. Natürlich aus Angst, dass da eine Unzulänglichkeit zutage treten könnte, für die man sich schämen muss.
Dies führt dazu, dass solche Menschen wenig Empathie und Emotionale Intelligenz leben, obwohl sie alle Anlagen dazu in sich tragen. Sie drängen sich selber über die Zeit an den Rand des Geschehens, werden damit immer einsamer und oft krank, psychisch oder physisch. Es braucht im Leben halt mal eine Krise, damit Umdenken stattfindet, unser Verhalten zu hinterfragen und zu ändern, wenn die Zeit dazu reif ist.
Ob der Energiefluss im Persönlichkeitsprofil von Insights Discovery etwas damit zu tun hat? Ich muss eingestehen, über gewisse Phasen in meinem Leben hatte ich einen extrem hohen Energiefluss. Das hat mir zu Denken gegeben, hat mich über längere Zeit intensiv beschäftigt. Inzwischen weiss ich aus eigener Erfahrung, von was ich hier spreche. Huch…
Zu einem gesunden Selbstwert finden
Ein gesunder Selbstwert bedeutet, dass wir keinen Zwang in uns tragen, andere Menschen klein zu machen, uns über sie zu stellen oder schlecht über sie zu reden. Wir akzeptieren sie so, wie sie sind. Und wir sind bestrebt, gemeinsam das zu erreichen, was unsere Aufgabe und unser Anliegen ist. Wir fühlen uns wohl dabei, Dinge zu tun, die unserem Leben Qualität und Schönheit verleihen. Das ist der Nährboden, der jeden von uns über uns hinauswachsen lässt.
Ein gesunder Selbstwert ist einerseits das Werk von Eltern oder Bezugspersonen mit einem gesunden Selbstwert. Oder es entsteht andererseits aus einer gehörige Portion an Selbsterkenntnis, Einsicht und innerer Arbeit mit sich selber und seinen Eigenheiten. Es gibt keine Medikamente dafür. Konsequentes Arbeiten mit sich ist die Türe dazu. Die Früchte zeigen sich bald und machen Mut, weiter daran zu weben.
Voraussetzung für ein gutes Gelingen ist, dass du die volle Verantwortung für dich und dein Verhalten übernimmst. Jemand anderes kann das nicht für dich machen.
Unsere Selbstachtung und und damit unser Selbstwert folgt unseren Entscheidungen. Jedes Mal, wenn wir im Einklang mit unserem eigenen Selbst und unserem Herzen authentisch handeln, verdienen wir unsere Achtung. Das gibt Selbstachtung. Und ist damit die Quelle für unseren stabilen gesunden Selbstwert. Äs isch eso! Jede Entscheidung ist wichtig.
So betrachtet ist das ein Weg, ein ganz persönlicher Weg, den du alleine gehen musst. Gerne gebe ich dir einen Muchtmacher mit auf diesen Weg:
Niemand kann dich dazu bringen, dich ohne deine Zustimmung, minderwertig zu fühlen!
(Eleanor Roosevelt)
Das wäre wirklich ein grosser Entwicklungsschritt. Wenn du einen Sparringpartner für dein Vorhaben suchst, melde dich. Ich begleite dich gerne!
Herzlich